Schilderungen eines Anwesenden (Augenzeuge)
Diese Kundgebungen mit offenem Mikrofon finden seit mehr als einem halben Jahr fast wöchentlich statt. Ich glaube, inzwischen sind wir bei 29 Terminen. Meine Frau und ich dürften bei der Hälfte dabei gewesen sein. Insgesamt nehmen bis zu 400 Menschen teil, letzten Montag dürften es ungefähr 250 gewesen sein. Das Publikum ist überwiegend Modell „bürgerliche Mitte“. Irgendwelche Zwischenfälle hat es meines Wissens nie zuvor gegeben. Einmal hat sogar ein Andersdenkender das Wort ergriffen, zwar auch ein paar Buhrufe geerntet, aber zum Schluss immerhin einen Anstandsapplaus für seinen Mut bekommen. Die meisten Redner halte ich für absolut seriös; für meinen Geschmack „schräge“ Äußerungen gibt es ganz selten. Ursprünglich war der Standort ganz nahe am Riesenfass, wo auch „Laufkundschaft“ vorbeigekommen ist, vor ein paar Wochen wurde er in die Mitte des Wurstmarktplatzes verlegt, wo so gut wie keine unbeteiligten Fußgänger unterwegs
sind.
Nach vielen Wochen Atemfreiheit, gab es jetzt erstmals wieder Maulkorbpflicht, obwohl selbst die aktuelle Landesverordnung z.B. auf Bahnsteigen und an Bushaltestellen keine solche mehr vorschreibt, sofern dort ausreichend Abstand gehalten werden kann. Kurz vor der Veranstaltung wurde der Organisatorin mitgeteilt, dass sie sogar für Teilnehmer mit Befreiungsattest gilt, weil sich das in der Dunkelheit nicht kontrollieren lasse. Am Mikrofon musste bis letzten Montag nie jemand Maske tragen, wobei Ordnungsamt und Polizei immer anwesend waren. Bei der jüngsten Veranstaltung hat man von der ersten Akteurin nach einer Viertelstunde (!!) aber verlangt, eine Maske aufzusetzen (während ihres Gesangsvortrags). Nach ihrer Weigerung konnte sie nur noch kurz weiter singen, bis die Organisatorin einer behördlichen Auflösung der Versammlung zuvorkam, indem sie – mit dem Hinweis, dass dann keine Maskenpflicht mehr gelte – ihren Abbruch bekannt gab.
Nach anfänglichen Protesten und Diskussionen auf dem Platz forderten einige Teilnehmer die
anderen zu einem gemeinsamen Spaziergang auf, und allmählich setzten sich immer mehr Richtung Innenstadt in Bewegung. Darunter befand sich auch die Sängerin, die dann von der Polizei nach ca. 200 Metern (kurz vor dem Riesenfass) gezielt aus der Menge herausgeholt und zu einem Einsatzfahrzeug gezerrt wurde. Diverse Begleiter versuchten das mit verbalen Protesten aber auch mit körperlichem Einsatz zu verhindern. Die anderen skandierten in Sprechchören „Schämt Euch!“ oder stimmten Freiheitslieder an. Nach Minuten langen Rangeleien gelang es der Polizei schließlich, die Festgenommene unter Einsatz von Sondersignalen (rechtlich fragwürdig!) abzutransportieren. Alle anderen zogen anschließend als mehrere Hundert Meter lange Kolonne protestierend zu Fuß durch die Innenstadt in Richtung Polizeigebäude. Erst kurz vor dem Ziel wurden sie in eine Seitenstraße abgedrängt, ansonsten kümmerte sich die Polizei nur um die Verkehrssicherheit.
Auffälligkeiten:
- Schon vor Beginn dieser Veranstaltung waren so viele Einsatzfahrzeuge und -kräfte auf dem Platz wie nie zuvor.
- Nach dem Abbruch gab es seitens der Polizei keine Aufforderung zum Verlassen des Platzes.
- Selbst während der Rangelei sind die Anwesenden nicht per Lautsprecher aufgefordert worden, sich zu zerstreuen. Die Beamten haben sich stattdessen mit dem Rücken zur Festgenommenen regelrecht umzingeln lassen und einen eher ratlosen Eindruck gemacht.
- Meines Wissens wurde außer der Sängerin niemand aus dem Verkehr gezogen. Sie hat auch als kritische Ärztin wohl schon länger unter Repressalien zu leiden.
- Die ganze Zeit über war ein Redakteur der „Rheinpfalz“ anwesend, der für die Regional- und Landesberichterstattung („Südwestdeutsche Zeitung“) zuständig ist. Ich hatte auf Telegram zunächst die Vermutung geäußert, dass er nur aufgrund eines „sachdienlichen Hinweises“ erschienen sei. Das hat er ausführlich und durchaus nachvollziehbar bestritten. Insofern nehme ich jetzt eher an, dass umgekehrt die Behörden von seiner Teilnahmeabsicht erfahren und diese Gelegenheit genutzt haben, uns mit Schikanen zu provozieren.
Dass jemand aus unserem Umfeld Reifen zerstochen hat, wie behauptet wird, halte ich für nahezu ausgeschlossen. Das traue ich niemandem zu, der mir dort bisher begegnet ist. Eine „Auftragsarbeit“ erscheint mir wesentlich wahrscheinlicher.