Zu der anlässlich des Hambacher Festes 2022 aufgesetzten
„Hambacher Intervention“ geben wir (die Unterzeichner) folgende Stellungnahme ab.

Schon im ersten Absatz sind diffuse Pauschalisierungen ohne jeglichen Nachweis enthalten. Wer nutzt den „Krieg ebenso wie die Coronapandemie“ um sich zu „radikalisieren und die bundesrepublikanische Demokratie und seine Institutionen zu delegitimieren“? Wer sind die „Neuen Rechten“ und „Verschwörungstheoretiker“? Wer diffamiert die „freiheitlich demokratische Grundordnung schamlos und unverantwortlich“? Man fragt sich, was die Unterzeichner eigentlich mit diesen nichtssagenden Formulierungen
bezwecken. Soll hier ein Abwehrwall gegen alle kritischen Äußerungen aufgebaut werden und nur ein eng begrenzter Raum für den Diskurs gegeben werden? Will man hier das Bild von guten und bösen Bürgern etablieren? Es sieht ganz danach aus, als wolle man eine Wagenburg der wahren Demokraten gegenüber den „Schmuddelkindern“ aufbauen. Solche pauschalisierenden Ausgrenzungsversuche zeugen nur davon, dass man lieber über die Kritiker als mit Ihnen spricht. Wer sich ein wenig in der „Szene“ der Maßnahmenkritiker auskennt, weiß, dass die weit überwiegende Anzahl aus der gesellschaftlichen Mitte kommt (ein großer Anteil hat eine rot-grüne Sozialisation) und ebenso die Demokratie gefährdet sieht
sowie auf die Beachtung der im Grundgesetz verankerten Rechte als unverrückbare Maßgabe des gesellschaftlichen Handelns setzt. Unter diesen Kritikern sind alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens vertreten. Vom Handwerker bis zum Akademiker, vom Harz IV Empfänger bis zum Unternehmer, Krankenschwestern und Pfleger, Mitglieder im Sportverein und Kirchenchor, Eltern und Großeltern, Studenten und Schüler. Die Liste ließe sich noch weit fortsetzen. Wenn Sie nun diese Mitbürger alle unter dem Begriff „Neurechte und
Verschwörungstheoretiker“ und weiter unten als „Coronaleugner“ subsummieren und ihnen die oben genannten Anschuldigungen anhängen wollen, so zeugt das schon von erschreckender Unkenntnis des Geschehens im Land und einem eklatanten Mangel an Differenzierungswillen.
Abgesehen davon, mit Bezugnahme auf in irgendwelchen Kanälen aufgegriffenen
Äußerungen, die wiederum pauschal und ohne Quellenangabe den Kritikern übergestülpt werden sollen, ist der Versuch, mittels der Bezugnahme auf „Umsturzpläne einer militanten Gruppierung“ als Beleg für die Gefährdung unserer Demokratie anzuführen, fragwürdig. Willman den Bürgern wirklich glauben machen, dass eine solche Gruppe einen Umsturz hätte durchführen können und dazu auch noch ausgerechnet den Gesundheitsminister entführen würde? Das spricht doch eher für amateurhaften Dilettantismus als für eine echte Bedrohung.
Man fragt sich natürlich, warum dieses Vorkommnis von Politik und Medien so hoch gehängt werden!
„Das die Radikalisierung der Sprache eine gewaltsame Verrohung der politischen Kultur nach sich zieht, ist nicht nur eine bedrückende Lehre aus der Geschichte“1. Die Unterzeichner der Hambacher Intervention sind sicher auch strikt dagegen, dass Corona-Impfverweigerer (keine allgemeinen Impfgegner, wie immer wieder behauptet wird) abwertend als „Schwurbler“, „Verschwörungstheoretiker“, „Covidioten“ (SPD-Vorsitzende Saskia Esken) Neonazis, „Bekloppte“ (Alt-Bundespräsident Joachim Gauck und diesjähriger Preisträger des Hambacher
Freiheitspreises 1832!), „gefährliche Sozialschädlinge“ (FDP-Bundestagabgeordneter Rainer Stinner), „Aasgeier“ (Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg), „Tyrannei der Ungeimpften“ (Montgomery – Rat des Weltärztebundes), die Corona-Ungeimpften als „Geiselnehmer“ (Gesundheitsminister Karl Lauterbach) „Ungeimpfte dürfen nicht als Minderheit die Mehrheit terrorisieren“ (Agnes Strack-Zimmermann) „Corona-RAF“ (MP Markus Söder) und neuerdings auch „Staatsfeinde“ oder „Gefährder“ (Anleihe aus dem Islamismus) bezeichnet werden?
Sicher haben Sie als Veranstalter und Unterzeichner gegen diese Verunglimpfung,
Diffamierung und Stigmatisierung Ihrer Mitbürger auch schon eine „Intervention“ verfasst. Es wäre hilfreich, wenn diese auch baldmöglichst in der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht würde.
Kann es übrigens sein, dass diese in aller Öffentlichkeit über die Massenmedien getätigten Äußerungen, die kaum Widerspruch von Politikern oder von in hohen Positionen agierenden Persönlichkeiten erfahren haben, zu der in der letzten Zeit zu beobachtenden, erschreckenden Polizeigewalt geführt haben? Sogar der Menschenrechtsbeauftragte der UNO, Nils Melzer, sah sich genötigt der Bundesrepublik einen problematischen Umgang mit Polizeigewalt zu
bescheinigen. Leidtragende waren vor allem Maßnahmenkritiker auf Demonstrationen, die im Übrigen entgegen der Darstellung in den Massenmedien im weit überwiegenden Teil friedlich waren. Und auch die viel beschworenen rechten Gruppierungen spielten laut Verfassungsschutz eine marginale, unwesentliche Rolle.
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¹Hambacher Intervention

Kann es sein, dass entsprechend instruierte Polizisten sich zu besonders robustem Verhalten gegen Demonstranten und Kritikern ermutigt fühlen, da die eingesetzte Gewalt ja „die Richtigen“ trifft? Kann es auch sein, dass verantwortliche Politiker, aus demselben Grund hier besonders „großzügig“ mit der Ahndung solcher Polizeigewalt umgehen? Im Hambacher Gespräch vom 16.03.2022 hat Frau Prof. Dr. Ute Daniel auf diese problematische Haltung der gesellschaftlichen Gruppen in der Weimarer Republik hingewiesen. Man hat die Gewalt immer dann toleriert, wenn sie die „Richtigen“, meist den politischen Gegner, traf.
Wenn die Autoren der Hambacher Intervention vor Gewalt warnen, dann sollten sie nicht nur in eine Richtung schauen, sondern ebenso das eigene Gebaren hinterfragen. Das Straftaten vor Gericht gehören und bei Zuwiderhandlungen die Täter verurteilt werden sollten, dem stimmen wir zu. Jedoch wird in der Hambacher Intervention mit Zahlen ein aufgeputschtes Bedrohungsszenario mit nebulösen Bezügen hergestellt. Die Anzahl von 4722 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger ist in der Tat besorgniserregend. Diese quasi stillschweigend den Maßnahmenkritikern anzulasten, ist durch Ihre Darstellung nicht belegt
und daher fragwürdig. Sind die hier aufgeführten Taten schon gerichtlich bestätigt oder sind es bisher „nur“ Anzeigen? Auf welche Quelle beziehen sich die Autoren? Diese sollten vorgelegt werden. Jedenfalls kann man diese Angaben nicht dafür nutzen, um die Gegner der Coronamaßnahmen als besonders gewalttätig hinzustellen.
Kritik an den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ist legitim. Solche Kontroversen, muss eine Demokratie nicht nur aushalten, sie lebt geradezu von ihnen.
Aber das funktioniert nur und ist nur dann wirklich Demokratie, wenn auch die fundamentalen Kritiker aus Medizin und Wissenschaft zu Wort kommen können. Wenn sich aber Redakteure, Programmdirektoren und Intendanten anmaßen, selber entscheiden zu können, welche Fachleute sie einladen und welche außen vor bleiben müssen, dann ist das kein echter Diskurs. Und nicht wenige der über die alternativen Medien geäußerten Einschätzungen und Warnungen kritischer Ärzte und Wissenschaftler haben sich inzwischen als wahr herausgestellt.
„Wo Kritik jedoch zu Hass wird oder in Gewalt umschlägt, wo Verschwörungstheorien und absurde historische Vergleiche als politische Waffe missbraucht werden, dort mussentschieden und konkret widersprochen werden“2. Das gilt für alle Seiten, nicht nur für Maßnahmen-Kritiker!
In nachfolgenden Absatz werden Aussagen gemacht, die das ganze Dilemma der
Nichtkommunikation zwischen den „Lagern“ offenbaren. Es waren vor allem die
Maßnahmenkritiker, die sehr schnell als Rechte bis hin zu Neonazis von der Politik und den Medien hingestellt wurden. Und die Bezeichnung „Impfgegner“ ist ebenso falsch (siehe oben) wie „Coronaleugner“. Letzterer Begriff ist ja geradezu perfide, assoziiert er doch die Begriffe „Klimaleugner“ oder noch schlimmer „Holocaustleugner“. Wie sieht es hier mit dem „historisch korrekten“ Bezug aus? Grenzt sich die Hambacher Intervention von solchen Anklängen ab?
Und wer den Begriff „Verschwörungstheoretiker“ gebraucht, bricht damit jeglichen
Gedankenaustausch oder Diskurs ab, zeigt damit, dass er/sie nicht daran interessiert ist. In Bezug auf die Hambacher Intervention stellt der Psychologe Helmut Wilde fest: „Dieses Schreiben verletzt sowohl auf der politischen als auch auf der ethischen Ebene ALLES, was wir bisher in demokratischen Gesellschaften als unabdingbar und selbstverständlich im Umgang mit Andersdenkenden erachtet haben. Die Entstehungsprozesse und die Folgen von Ausgrenzungen werden in „Labeling Approach“ Veröffentlichungen zahlreich und ausführlich
beschrieben. Andersdenkende Menschen zu diffamieren, zu diskreditieren und sie ins gesellschaftliche Abseits zu stellen, zudem Ihnen zu unterstellen, sie würden nicht demokratisch sein, verletzt den Dialog, der für demokratisch geprägte Gesellschaften bedeutsam ist“.
In der Folge der Abhandlung der Verfasser der Hambacher Intervention fällt es zunehmend schwer, diese diffusen Sätze noch irgendwie ernst zu nehmen. Natürlich gibt es im Netz, aber auch in den etablierten Medien, unsinnige und grenzwertige Äußerungen. Die Autoren der Hambacher Intervention bleiben jedoch bei der Benennung der „Gruppierungen“ völlig im Ungefähren.
Wir als Kritiker beklagen seit zwei Jahren, dass dieses ausgrenzende Verhalten z.B. diejenigen diffamiert, die das Recht auf körperliche Unversehrtheit für sich in Anspruch nehmen und sich nicht eine mRNA „Impfung“ geben lassen wollen. Der ungeheure Druck in fast allen Lebensbereichen und die restriktiven Maßnahmen kommen einer Nötigung oder Erpressung durch die staatlichen Organe gleich. Was Wunder, dass sich diese „Gruppierung“ nicht mehr
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²Hambacher Interventionvertreten
vertreten fühlt, wenn auch noch Gespräche wie Diskussionen mit Ihnen verwehrt werden. Insofern haben sich der Staat, genauer die Amtsinhaber, selber in Verruf gebracht. Und Amtsinhaber sollten sich nicht mit dem Staat gleichsetzen. Sie sind nur die derzeitigen Vertreter desselben.
Es muss auch gefragt werden, wem denn die Deutungshoheit über das Erbe des historischen Hambacher Festes zukommt. Die kann sicher niemand für sich allein in Anspruch nehmen, weder die Veranstalter noch die Kritiker. Das Gleiche gilt für die Umsetzung des Erbes in heutiges gesellschaftliches Handeln. Vom historischen Hambacher Fest von 1832 ausgehend können und dürfen alle demokratisch gesinnten Menschen eine ideenmäßige Anleihe nehmen. Das Fest „gehört“ allen Bürgern dieses Landes, auch den kritischen.
Nun möchten wir persönliche Worte an die Verfasser und Unterzeichner der Hambacher Intervention richten: Sehr geehrte Autoren und Unterzeichner sowie Verantwortliche für die Veranstaltung „1832. Das Fest der Demokratie“. Bei allen gelungenen Einzelveranstaltungen pädagogischer, künstlerischer und geselliger Art: Sie haben eine einzigartige Chance vertan, beim soeben durchgeführten Fest der Demokratie, einen Diskurs auf offener Bühne mit Vertretern beider „Lager“ zu organisieren. Wie Sie ja richtig schreiben: „Solche Kontroversen muss eine Demokratie nicht nur aushalten, sie lebt geradezu von ihnen“. Stattdessen haben
Sie sich in einer Wagenburg der Rechtschaffenen gegenüber den zu Verurteilenden eingeigelt und nur Diskussionen und Verlautbarungen erzeugt, die Ihrem eigenen Narrativ entsprechen. Allein zum gesellschaftlichen Diskurs hätte es auf Kritikerseite herausragende Persönlichkeiten wie etwa die glühende Europäerin Ulrike Guérot, die Journalistin Cornelia Stolze, die Philosophin Svenja Flaßpöhler, den Journalisten Peter Hahne oder viele andere gegeben. Und von Seiten der Stiftung Hambacher Schloss und der Regierung hätten sich sicher auch entsprechende Personen gefunden. Richard-David Precht oder Heribert Prantl nehmen auch eine differenzierte Position ein. Das hätte einen lebendigen Diskurs ermöglicht, bei dem Argument und Gegenargument aufeinandergestoßen wären. Nur so können sich Bürger ein eigenes Bild machen.
Ein sehr wichtiger Grundsatz sollte aber noch einmal in Erinnerung gerufen werden. Wer sein Gegenüber beschimpft oder gar beleidigt, kann nicht auf Gesprächsbereitschaft hoffen. Vielleicht braucht es eine Persönlichkeit, die in der Öffentlichkeit eine breite Zustimmung erfährt, um hier einen Dialog der immer mehr sich unversöhnlich gegenüberstehenden Lager wieder ins Gespräch zu bringen.
Als Einziger der Mitverantwortlichen für dieses Fest hat Ministerpräsident Kurt Beck den Kritikern das Gespräch angeboten. Alles andere kam als rhetorische Floskel bei gleichzeitigem Ausschluss unliebsamer Andersdenkender rüber.
Als Nichtteilnehmer des Festes am 28.05. hat man dem Geschehen übrigens nur per Live-Stream auf alternativen Medien folgen können (auch die Rede von Kurt Beck), da weder der SWR noch die Stadt Neustadt einen solchen angeboten haben. Warum die Diskussion im Schloss mit so viel Prominenz nicht mindestens online verfolgbar war, ist ein Rätsel. Immerhin wurde der Festakt, mit handverlesenem Publikum und strengen Einlasskontrollen, zur Verleihung des Preises an Joachim Gauck im Livestream übertragen.
Als Fazit bleibt der Eindruck, dass bei diesem Fest die etablierten Institutionen und deren Vertreter als die selbst ernannten Erben des historischen Demokratiefestes sich selbst gefeiert haben und das vielbeschworene Volk unter Aufbietung großer Polizeikräfte ausgeklammert haben.
Will man so den Demokratiegedanken in der Bevölkerung verankern? Das wird wohl eher nicht gelingen.
Rheinland-Pfalz im Mai 2022
Name | Beruf |
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Berthold Kliewer | Dipl.-Musiklehrer |
Dietmar Weber | |
Simone Weber | |
Dr. Robert Driesang | |
Alice Groß | Disponentin Taxizentrale |
Cornelia Hoffmann | |
Michael Strack | Fachkraft Lagerlogistik |
Matthias Grigo | Rentner |
Dietmar Lang | CAD/CAM Programmierer |
Roland Baumgard | KFZ-Werkstattleiter |
Andrea Woll | |
Martina Grigo | Hausfrau |
Rainer Rocholl | |
Annika Segnitz | |
Tina Baumgard | Fachverkäuferin |
Hansgeorg Nötzig | Textilgestalter (Unternehmer) |
Christina Bohlander | Dipl.-Informatikerin |
Helmut Wilde | Dipl.-Psychologe |
Julia Klassen | Vertrieb |
Alexander Klassen | Rentner |
Annika Terworth | Dipl.-Ing. Raum- und Umweltplanung |
Volker Benkel | Vertriebsangestellter |
Anke Drum | |
Thomas Drumm | |
Simone Ketzel | |
Dieter Diehl | |
Vanessa Scheuermann | Kauffrau Büromanagement |