Ein Plädoyer für Frieden
Kommentar
von Walther Bomm, 23.11.2024
die aktuelle Ausgangslage
Die jüngste Entwicklung im Ukraine-Konflikt zeigt überdeutlich: ein wie immer gearteter Waffengang gegen Rußland ist nicht zu „gewinnen“.
Auf den von den USA am vergangenen Sonntag freigegebenen Einsatz von „ATACMS“ und von „Storm Shadows“ aus englischer Produktion von ukrainischer Seite hat Rußland „spiegelbildlich“ – wie Wladimir Putin es ausdrückt – mit Nachdruck reagiert („Im Fall einer Eskalation aggressiver Handlungen werden wir entschieden spiegelbildlich handeln.“). Es kam ein völlig neues Waffensystem von Mittelstreckenraketen („Oreschnik“) zum Einsatz, was zeigt, mit welcher Härte Rußland willens und in der Lage ist, den Konflikt zu seinen Gunsten zu gestalten. Wladimir Putin hat eine klare Ansage zum weiteren Vorgehen in diesem Konflikt gemacht. Es ist nicht auszuschließen, daß Rußland auch die Ursprungsländer dieser Waffensysteme mit diesen neuartigen Hyperschallraketen, die wegen ihrer Geschwindigkeit nicht einfach abgefangen werden können, angreifen könnte, wenn diese weiterhin ihre Systeme an die Ukraine liefern und sie dort zum Einsatz auf russisches Territorium kommen. Hier droht dann aber wirklich eine globale Eskalation. Die Welt steht gerade am Rande eine Weltkriegs. Und die Medien verschweigen in ihren Beiträgen diese Brisanz weitestgehend. Von Seiten der noch amtierenden amerikanischen Regierung wurden die Fakten bereits wieder bagatellisiert und verharmlost, Moskau besitze wahrscheinlich nur wenige Raketen dieses Typs. Daß dem nicht so ist, hat Putin selbst gerade bestätigt.
die Biden-Entscheidung: ein unerhörter Vorgang – wer steckt dahinter?
Die Entscheidung der auslaufenden Biden-Administration in den USA ist vor dem Hintergrund der Wahl Donald Trumps zum 47. Präsidenten ein bislang nie dagewesener Vorgang, der gegen Tradition, Stil, und das demokratische Selbstverständnis der USA verstößt. Eine deutliche Mehrheit der US-Bürger hat am 5. November 2024 Donald Trump und seinen Friedensplänen das Mandat erteilt. Die Interims-Zeit zwischen Wahl, Votum der Wahlmänner und Inauguration dient in der Regel der Neuaufstellung der neuen Administration und der reibungslosen Übergabe von einer Administration an die folgende. Es sieht ganz danach aus, als wollten die abgewählten Kräfte (denn Joe Biden wird hier wohl nicht als einsamer „alter Mann“ entschieden haben), ganz schnell noch Tatsachen schaffen, die Donald Trump behindern und seine geplanten Initiativen schwer machen sollen – oder, im Fall eines Kriegszustands, gar an der Amtsübernahme hindern. Es gibt, so muß man es wohl konstatieren, eine Clique von politischen Akteuren vor allem in den USA mit vielen Vasallen weltweit, die einen großen Krieg zwischen den Großmächten will, wobei sich deren Vorstellungen wohl auf einen auf Europa begrenzten Krieg belaufen, in dem die Europäer die Hauptlast (er)tragen sollen.
was nun zu tun ist – Wege aus der aktuellen Gefahrenlage
Um diese höchstgefährliche Situation, in der alle Kriegsbeteiligten – die westlichen Länder inbegriffen – sich derzeit befinden – und eigentlich nur verlieren können, Menschenleben, Infrastruktur, Wirtschaftspotenz – zu entschärfen, sollten die folgenden Schritte unverzüglich erfolgen:
- sofortiges Einhalten der gegenwärtigen Eskalationsstimmung und emotional aufgeladenen Gemengelage (auch medial!), Durchatmen und klare Bewertung des Ist-Zustands
- eine klare Sicht, daß jedwede Eskalation von westlicher Seite Gleiches von russischer Seite in potenzierter Form unmittelbar nach sich zieht. Der bisher einmalige Einsatz des Oreschnik-Systems war eine deutliche Warnung an den Westen.
- ein sofortiges Moratorium der Entscheidung, weiterreichende Raketen auf dem Gebiet Rußlands einzusetzen
- eine klare Kommunikation zwischen der alten Biden- und der neuen Trump-Administration, keine weitreichenden Maßnahmen mehr für die Ukraine einzusetzen
- sofortige Wiederaufnahme der unmittelbaren Kontaktstränge zwischen Weißem Haus und dem Kreml
- Einhegung der Kriegsbefürworter in den USA und Europa, vor allem auch innerhalb derjenigen deutschen Parteien, die unbedingt Lieferungen des Taurus-Systems an die Ukraine befürworten.
Die westliche Politik mit ihrem unbegründeten und unbelegten Narrativ vom „imperialistischen Rußland“, womit eine ungebremste Aufrüstung und Truppenbestückung russischer Anrainer gerechtfertigt wird, muß deutlich zurückfahren. Der Teufelskreis von sich gegenseitig bedingender Gewaltzunahme und Schuldzuweisungen mit immer weitreichenderen Folgen muß sofort aufhören!
mittelfristig: Wege aus der Krise
Zur Beendigung des Krieges bedarf es weitreichender diplomatischer Anstrengungen und Konsultationen. Wichtig ist, daß man überhaupt wieder Gesprächsformate und Kommunikationsstränge findet, jenseits von überflüssigen Telephonaten, die einen bloßen Austausch der gegenwärtigen Standpunkte beinhalten. Was sollte diese Initiative von Olaf Scholz? Sie hat rein gar nichts gebracht.
Anzuknüpfen wäre sicherlich an die Vorgaben der Istanbuler Friedensverhandlungen von 2022. Natürlich haben sich die Gegebenheiten vor Ort bereits wieder verändert. Rußland ist nun viel weiter nach Westen vorgedrungen und wird die besetzten Gebiete einschließlich der Krim als Faustpfand behalten wollen. Das wurde in verschiedenen Verlautbarungen durch Putin bereits thematisiert.
Was dann erfolgen muß:
- Einstellung sämtlicher Waffenhandlungen zwischen den Konfliktparteien
- sofortiges Einstellen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch alle westlichen Partnerländer
- direkter Austausch zwischen den beiden Konfliktparteien Ukraine und Rußland, u.U. vermittelt durch diplomatische Vertreter nicht beteiligter Nationen
- Aufhebung der wirtschaftlichen Sanktionen gegen Rußland
- Einrichtung einer entmilitarisierten Zone im bisherigen Kriegsgebiet
- Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft
- Neuwahlen in der Ukraine und friedlicher Wiederaufbau mit Hilfe aller am Konflikt Beteiligten
- Rückzug ausländischer NATO-Truppen aus den unmittelbaren Grenzgebieten zu Rußland, etwa in Finnland, im Baltikum, in Polen.
Zukunftsvisionen – was wäre möglich, welche Strategie sollte zwischen West und Ost angestrebt werden?
Ohne eine völlig neugedachte Sicherheits- und Friedensarchitektur wird es in näherer Zukunft nicht gehen. Der Westen, USA, Europa muß sich mit Rußland verständigen und zu einer dauerhaften Lösung finden, die sich ihrerseits positiv auf viele Krisenherde (den Nahen Osten mit eingeschlossen) auswirkt. Es gibt gerade in Deutschland ein politisches Vermächtnis, was sich gut in Erinnerung rufen läßt: die Ostpolitik Willy Brandts und Egon Bahrs in den 70er Jahren. Das Stichwort hieß „Wandel durch Annäherung“ und war Kernpunkt einer Entspannungspolitik, die ihren Ausdruck in den sogenannten „Ostverträgen“ fand. Im Mittelpunkt stand eine umfassende Friedenspolitik, die in vorsichtigen „kleinen“ Schritten ein Aufeinander-zu-Bewegen zwischen West und Ost beinhaltete.
In diesem Geist sollte eine Annäherung zwischen den großen Militär- und Wirtschaftsmächten USA und Rußland möglich sein. Nur in enger Verzahnung, wirtschaftlich, wissenschaftlich, kulturell kann eine friedvolle Weltordnung aufgebaut werden. Wladimir Putin hatte einmal die Vision einer engen wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der EU, einen Wirtschaftsraum von „Lissabon bis Wladiwostok“. Und man muß heute, bezogen auf den globalen Konflikt, sagen: unter Einbeziehung einer guten Nachbarschaft über den Atlantik hinweg.
Deutschland, Europa ging es gut in einer direkten Anbindung an russische Energieträger und Rohstoffe. Das muß mittelfristig wiederhergestellt werden: nur so kann sich eine Wirtschaftsstruktur in Europa neu aufbauen.
Militärstrategisch wäre die Ablösung des NATO-Rußland-Modells von einer umfassenden neuen Struktur anzustreben. Zielpunkt muß bleiben: die vollkommende Ächtung und Abschaffung des weltweiten Nuklear-Potentials. Kein Staat der Welt sollte mehr eine Notwendigkeit sehen, mit Massenvernichtungswaffen seine Ansprüche durchzusetzen und andere Länder zu bedrohen.
Das setzt voraus, daß die USA von ihrer jahrhundertalten Doktrin einer Zerschlagung und Schwächung Rußlands grundsätzlich abrücken. Nicht Konkurrenz sollte bestimmend sein, sondern Kooperation. Die Weltraumstation ISS war dafür ein gutes Symbol.
So kann aus dem Ukraine-Rußland-Konflikt letztendlich auch etwas Gutes erwachsen. Er kann zur „Katharsis“ werden, zu einem Reinigungsprozeß, in dem die Haltungen zwischen Ost und West grundsätzlich über- und neugedacht werden und eine neue Weltordnung entsteht: friedlicher und wirtschaftlich blühender als zuvor.
Stellungnahme von Donald Trump zur Eskalation im Ukaine-Konflikt unter Joe Biden vom 25.11.2024